Haushaltskonsolidierung auf Kosten der Bildung?
Franc Grimm (#2) has provided a description of the model with the iMODELER Presenter.
Description
„Habe den Mut, dich deines eigenen Verstandes zu bedienen“ zitiert Björn Engholm (Ministerpräsident des Landes Schleswig-Holstein a.D.) Immanuel Kant im Hinblick auf die in dem Modell beschriebenen politischen Entscheidungsprozesse in Schleswig-Holstein (Eine Stadt sieht Gelb – Wie Lübeck seine Uni rettet – Die Chronik, Julia Offe, 2011, http://www.eine-stadt-sieht-gelb.de), die auch den Anstoß für diese Veröffentlichung gaben. Den Verstand zu bedienen, um „mit seiner Hilfe Dinge zu erfassen, zu beurteilen und größere Zusammenhänge, Kausalketten, zu erkennen und deren Bedeutung entsprechend zu handeln.“ Als Rat für norddeutsche Regierende brachte Björn Engholm es auf Althochdeutsch auf die einfache Formel: „FARSTAN – verstehen, begreifen, durchschauen. Und dann so handeln, dass durch die Wirkung des Handels nichts zerstört wird“.
Eine - wie ich finde - wundervolle Beschreibung der Notwendigkeit für Vernetztes Denken in politischen Entscheidungsprozessen.
Einen Rückblick auf die unfassbaren Ereignisse in 2010 finden Sie unter: http://www.luebeck-kaempft.de).
Und hierum ging es
Aufgrund der durch die Finanzkrise verursachten Rekordverschuldung für die Konjunkturpakete einigten sich Bund und Länder Ende 2009 auf eine im Grundgesetz verankerte Schuldenbremse. Sie erlaubt den Ländern vom Jahr 2020 an keine neuen Schulden mehr und verpflichtet sie, das strukturelle Finanzierungsdefizit des Jahres 2010 (Ausgangswert) in jährlichen Schritten von zehn Prozent abzubauen. Damit sie die Schuldenbremse einhalten und die Neuverschuldung noch weiter und schneller absenken können, erhalten hochverschuldete Bundesländer wie Schleswig-Holstein für den Zeitraum 2011 bis 2019 Konsolidierungshilfen vom Bund und der Ländergemeinschaft. Von den insgesamt 800 Millionen Euro jährlich entfallen auf Schleswig-Holstein ca. 80 Millionen Euro.
Um das Geld aus dem Bundeshaushalt zu erhalten, müssen die Länder ihre Finanzierungsdefizite bis zum Jahresende 2020 vollständig abbauen. Um Haushaltskrisen zukünftig rechtzeitig zu erkennen und zu verhindern, soll außerdem ein Frühwarnsystem eingeführt werden. Dazu wird ein Bund-Länder-Gremium als Stabilitätsrat gebildet. Es soll den Umgang mit dem Haushalt kontrollieren. Verstößt ein Land gegen die Auflagen können ihm die Konsolidierungshilfen für den Rest des Förderungszeitraumes gestrichen werden. Schleswig-Holstein (nachfolgend SH genannt) stand also vor der großen Herausforderung, ein Sparkonzept zu entwickeln und umzusetzen. Dabei wollte die durch FDP und CDU geführte Landesregierung eine bundesweite Vorreiterrolle einnehmen. Hierfür wurde eine Task Force – in diesem Falle eine Haushaltsstrukturkommission - einberufen, die innerhalb von wenigen Monaten ein erstes Konzept entwickeln sollte. Trotz strikter Geheimhaltung sickerte schon bald die Schließung des Medizinstudienganges der Universität zu Lübeck als geplante Sparmaßnahme durch. Darauf formierte sich ein beispielloser Widerstand aus der betroffenen Region, der später sogar mit dem Politik-Award ausgezeichnet wurde.
Laut Aussage vieler Betroffener wurde auf Basis eines 1.500 Seiten starken Kommentars des Wissenschaftsministeriums eine 4 seitige Exel- oder Wordtabelle mit 6 Spalten als Entscheidungsgrundlage erstellt (diese wurde auf der folgenden Seite veröffentlicht: http://www.luebeck-kaempft.de). Auf dieser Grundlage wurde angeblich beschlossen, den Medizinstudiengang in Lübeck zu schließen, um hierdurch mehr als 150 Mio. EUR innerhalb von 10 Jahren einsparen zu können. Ob diese Einsparung überhaupt realisiert werden kann, dazu gibt zumindest das Papier keine abschließende Antwort.
Wir erstellten daraufhin ein Modell (in 2010) mit Vertretern der Universität zu Lübeck, der IHK, der Stadt Lübeck und der Wirtschaftsförderung, um die Auswirkungen der geplanten Uni-Schließung aufzuzeigen und zu analysieren. Wir wollten der Landesregierung und der Haushaltsstrukturkommission die Folgewirkungen ihrer geplanten Maßnahme vor Augen führen und dabei deutlich machen, dass die erhofften Einspar-Effekte nicht annähernd eintreten konnten. Das qualitative Modell wurde dabei innerhalb von nur 3 halbtägigen Workshops erstellt und analysiert. Das Modell und die Ergebnisse werden nachfolgend vorgestellt.
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